Basel, im November 2022
Leider beginnt der diesjährige Bericht mit einer traurigen Nachricht. Im Januar dieses Jahres erlag Dieter Thürig seinem schweren Krebsleiden. Noch bis wenige Tage vor seinem Tod kümmerte er sich mit letzten Kräften um die Belange von HOPE FOR ALL. Die Projekte in Kambodscha waren seit den Anfängen im Jahr 1998 sein Herzensanliegen. Mit unermüdlichem Engagement hat er sich um eine Verbesserung der Lebensbedingungen von vielen Bedürftigen in Kambodscha gekümmert. Unter seiner Ägide wurde eine Policlinic in der Nähe von Phnom Penh gebaut, ein Schulhaus in Kampot errichtet; es wurden Zahnärzte ausgebildet, Kindergärten betrieben, Mikrokredite vergeben, viele Tonnen Reis verteilt und ein Schul-Sponsoring Programm aufgebaut.
Frau Lena Thürig hat seit 2003 ihren Mann bei den Projekten unterstützt und ihn auf seinen Reisen nach Kambodscha begleitet. Sie ist deshalb vertraut mit den administrativen Erfordernissen sowie den Gegebenheiten vor Ort und wird, zusammen mit der Hilfe von Vereinsmitgliedern, sicherstellen, dass die Projekte vorläufig im Sinne ihres Mannes im bisherigen Rahmen weitergeführt werden. Nach 2-jähriger pandemiebedingter Pause wird sie im Dezember wieder nach Kambodscha reisen.
Nachdem im November 21 der Lockdown aufgehoben wurde, hat sich das Leben in Kambodscha langsam wieder normalisiert. Schulen, Märkte, Restaurants, Kleider- und Schuhfabriken haben ihre Tore wieder geöffnet. So ist auch wieder Geld für Nahrung und Miete vorhanden.
Kambodscha hat eine der höchsten Impfquoten Asiens. Über 90 % der Bevölkerung sind geimpft. Unsere Mitarbeiter haben uns berichtet, dass sie inzwischen schon die 5. Impfung erhalten haben.
Die Clinic steht auf eigenen Füssen und ist seit 2020 im Besitz von Dr. Borith Chourn, der sie seit ihren Anfängen 1998 gewissenhaft und verantwortungsvoll leitet. Damit arme Patienten gratis oder gegen ein geringes Honorar behandelt werden, leistet HOPE FOR ALL weiterhin monatliche Unterstützungsbeiträge. Der Lockdown vom letzten Jahr hatte auch die Clinic in Bedrängnis gebracht. Durch die von der Regierung angeordnete Schliessung fehlten die Einkünfte von zahlenden Patienten für die Löhne der Mitarbeiter. Bis die Clinic ihren Betrieb wieder aufnehmen konnte, richtete HOPE FOR ALL Unterstützungsbeiträge für Lebensmittel an die Mitarbeiter aus.
Meas Thavy, der Leiter unseres School Sponsoring Programms, berichtet uns regelmässig über das Ergehen der unterstützten Kinder und Jugendlichen. HOPE FOR ALL ermöglicht Kindern aus ärmsten Verhältnissen den Schulbesuch und fähigen und willigen Jugendlichen eine berufliche Ausbildung oder ein Studium. Es ist für uns immer wieder ein Highlight, wenn Jugendliche aus unserem Programm erfolgreich ihre Ausbildung abschliessen und damit eine Zukunftsperspektive bekommen. Schule und gute Ausbildung sind fundamentale Träger für die Entwicklung und den Aufschwung eines Landes und die Bekämpfung der Armut!
Dieses Jahr haben wieder zwei junge Leute aus unserem Programm ihre Ausbildung erfolgreich beendet. Zwei weitere sind bei der Don Bosco Technical School in Ausbildung, und eine junge Frau wird im nächsten Jahr ihre 4-jährige Ausbildung an einer Wirtschaftsuniversität abschliessen.
Die Covid Pandemie und die damit verbundene Schliessung der Schulen hatte leider auch negative Auswirkungen auf die Schüler in unserem Programm. Während der verschiedenen Lockdowns stellte die Regierung zwar «on-line teaching» zur Verfügung, doch wie sollten die Ärmsten ohne modernes Handy oder Computer den Schulstoff herunterladen? Auch wenn jemand in der Umgebung über ein modernes Gerät verfügte, fehlte die Erfahrung, um mit dieser Art des Lernens klarzukommen. Manche konnten nach Beendigung des Lockdowns den Rückstand nicht mehr aufholen und mussten eine Klasse repetieren.
Im September hat das internationale Sondertribunal das Urteil gegen den letzten noch lebenden Anführer des Terrorregimes der Roten Khmer wegen Völkermord bestätigt. Das Tribunal endete nach 16 Jahren und hat Kosten von mehr als 350 Millionen USD verursacht.
Unter der kommunistischen Regierung der Roten Khmer unter Pol Pot von 1975 bis 1979 starben schätzungsweise mehr als 2 Millionen Kambodschaner durch Verhungern, Hinrichtungen, Krankheiten oder Überarbeitung. So war z.B. das Gefangenenlager «S-21» so berüchtigt, dass nur sieben der rund 20'000 der dort Inhaftierten überlebt haben sollen. Bei ihrem Versuch, eine klassenlose, agrarbasierte, kommunistische Gesellschaft zu schaffen, hatten es die Roten Khmer besonders auf Intellektuelle, Stadtbewohner, ethnische Vietnamesen, Beamte und religiöse Führer abgesehen. Einige Historiker betrachten das Pol-Pot-Regime als eines der barbarischsten und mörderischsten der jüngeren Geschichte.
Bei Gesprächen mit unseren kambodschanischen Freunden und Mitarbeitern erleben wir oft, dass sie nicht gern über dieses Thema sprechen oder mit Verdrängung reagieren, obwohl die meisten von ihnen Familienangehörige verloren haben. Seit dem Ende der Terrorherrschaft der Roten Khmer sind viele Jahre vergangen, doch das Trauma bleibt.
Wenn 43 Jahre ins Land gehen, bevor Urteile von internationalen Gerichten gefällt werden, sind die Hauptschuldigen oft nicht mehr am Leben und das wirkliche Ausmass von Kriegsverbrechen verblasst in der Gegenwart und wird letztlich einem tragischen geschichtlichen Hintergrund zugeordnet.
Es bleibt deshalb zu hoffen, dass die gegenwärtig stattfindenden Kriegsverbrechen in der Ukraine zeitnaher untersucht und bestraft werden!
Hung Srey Pich ist erfolgreiche Absolventin der Don Bosco Vocational School for Girls. Sie hat im Januar ihre Ausbildung als Bürofachkraft abgeschlossen. Zurzeit arbeitet sie morgens in der Bibliothek einer Universität. Am Nachmittag besucht sie in der gleichen Institution Lektionen im Rechnungswesen, für die sie einen Teil ihres Lohnes abgeben muss. Der restliche Lohn geht an ihre Familie für Lebensmittel. Vor 2 Jahren haben wir berichtet, wie froh Srey Pich war, dass sie und ihre Mutter eine neue Behausung unter einer Brücke gefunden hatten, nachdem sie aus den Slums vertrieben worden waren. Inzwischen hat die Regierung auch die Häuser unter der Brücke abreissen lassen, den Bewohnern aber in einem anderen Stadtviertel Land für ihre Behausungen zur Verfügung gestellt. Dort wohnen nun auch Srey Pich und ihre Mutter. Dank des Einkommens von Srey Pich geht es der Familie gut.
Nan Sopheanny im 1. Lehrjahr als Köchin (diese Ausbildung wird ebenfalls von der Don Bosco School angeboten). Gut ausgebildete Leute in der Gastronomie sind sehr gefragt.
Die kleine Lun Meta (9) und ihr Bruder Lun Makara (12) sind neu ins Schul-Sponsoring Programm aufgenommen worden. Meta besucht nun die 2 Klasse. Ihr Bruder, obwohl schon 12, konnte aufgrund von fehlenden Schulkenntnissen nur in der 3. Klasse integriert werden. Die beiden leben im «HIV-Dorf», etwa 25 km ausserhalb von Phnom Penh, zusammen mit ihren Eltern und einem kleinen Bruder in einem «rent home» für 30 USD im Monat. Beide Elternteile verdingen sich als Taglöhner auf dem Bau. Die Kinder werden tagsüber unbetreut allein gelassen.
Kontakt:
HOPE FOR ALL
c/o Lena Thürig
Burgunderstrasse 14
CH-4051 Basel, Schweiz
Spendenkonto:
"HOPE FOR ALL" Bank CIC, 4001 Basel
PC 40-108-3
CH22 0871 0000 0005 1021 1